Sport & Medizin: Regeneration ist die halbe Miete
Patrik Noack gehört in der nationalen und internationalen Sportwelt zu den erfahrensten Medizinern. Als langjähriger Verbandsarzt von Swiss Athletics, Swiss Triathlon, Swiss-Ski (Nordisch), Swiss Sliding und Swiss Cycling kennt er die Bedürfnisse von Sportler/innen bestens. Als Chief Medical Officer von Swiss Olympic betreut er die Schweizer Olympionik/innen noch bis nach den Winterspielen 2022 in Peking. In seinem ASVZ-Vortrag «Sport & Medizin» klärte Patrik Noack auf, was es im Sport braucht, um als Profi- und Hobbysportler*in erfolgreich zu sein.
Als Langläufer Dario Cologna an den Olympischen Winterspielen 2014 im russischen Sotschi sowohl im Skiathlon über 30 Kilometer als auch im Rennen über 15 Kilometer im klassischen Stil die Goldmedaillen gewann, war Patrik Noack massgeblich am Erfolg mit beteiligt. Denn er war es, der Cologna im Vorfeld medizinisch betreute und mit einem ganzen Team dafür sorgte, dass dieser sich in nur drei Monaten von einer schweren Bänderverletzung erholte und in Sotschi zu solchen Spitzenleistungen bereit war. Und Patrik Noack stand auch zwei Jahre zuvor an den Olympischen Sommerspielen in London 2012 im Zielraum, als die Schweizerin Nicola Spirig im Frauentriathlon vor der Schwedin Lisa Nordén im Fotofinish über die Ziellinie zu Gold stürmte. Auf diese zwei Erfolgsmomente blicke er mit grosser Freude und viel Emotionen zurück, antwortete Patrik Noack am ASVZ-Vortragsabend auf die Frage nach den bleibendsten Erinnerungen in seiner langen Sportmediziner-Laufbahn. Zuvor gab Patrik Noack in seinem Referat unter dem Titel «Fit am Tag X – Regeneration ist die halbe Miete» tiefe Einblicke in die Welt des Spitzensportes, wo akribisch an der Vorbereitung gearbeitet wird, was es alles braucht zum Erfolg und welche Schlüsse man als Hobbyathlet/in daraus ziehen kann, nach dem Motto: «Was lernen wir von den Besten?»
Am Anfang jeder seriösen Vorbereitung steht eine grundlegende Analyse der persönlichen Voraussetzungen, sowohl der physischen als auch der psychischen. An Aufzeichnungen aus den Anfangsjahren von Triathletin Nicola Spirig konnte Patrik Noack beispielhaft aufzeigen, dass auch diese Ausnahmeathletin anfänglich mit körperlichen Schwierigkeiten zu kämpfen hatte. Erfahrungen lehrten sie aber über die Jahre, im Wettkampf realistische Ziele zu setzen und im Vorfeld alles daran zu setzen, die vor Ort zu erwartenden Wettkampfbedingungen genau zu analysieren und entsprechend vorbereitet zu sein.
Aus seinem Fundus an leistungsrelevantem Wissen bot Patrik Noack einige Müsterchen: So helfe bei langen Anreisen zu Wettkampfstätten und entsprechenden Zeitverschiebungen die optimale Planung, Einnahme von Melatonin, etc. rasch, wieder einen guten Schlafrhythmus zu finden. «Schlafhygiene optimieren», nennt Noack das. Der Einsatz von Menthol in Mundspülungen – Stichwort «Neuromodulation» – diene bei heissen Wettkampftemperaturen dazu, dass der Körper besser mit der Hitze umgehen kann. Und isotonische Sportgetränke mit zusätzlichem Kochsalz helfen, dem schweissbedingten Elektrolytverlust entgegenzuwirken. Eine bemerkenswerte Feststellung machte der Mediziner zu Nahrungsergänzungsmitteln. Zwar ist Koffein seit 2004 im Spitzensport legal einsetzbar und in aller Munde, aber mit aller Deutlichkeit wies er darauf hin, was die Sportmedizin in ihrer Forschung belegt hat: «Viele Supplemente bringen nichts.» Interessant auch seine Feststellung, dass bei vielen Sportler/innen Mängel in der Ernährung erkennbar seien und er deshalb oft den Gang zur Ernährungsberatung empfehle. Genau so wichtig wie das Grundlagen- und Krafttraining sei nämlich die ausgeglichene Ernährung nach der Schweizer Sport-Lebensmittelpyramide.
Womit Patrik Noak bereits bei der Kernaussage seines Vortrages angelangt war. So wichtig die verschiedensten Trainingsformen und Wettkampfvorbereitungen seien und so ausgeklügelt man im Spitzen- und Breitensport heute trainiere, eines dürfe dabei niemals vergessen gehen: «Trainieren können die meisten, aber auch richtige Erholung will gelernt sein.» Im Ausdauersport werde für die Reduktion des Trainingsumfanges vor einer grossen Belastung der Begriff Tapering gebraucht. Dies sei ein wichtiges Schlüsselelement für die spätere Wettkampfleistung. Ganz allgemein sei sowohl die aktive als auch die passive Regeneration für alle Sporttreibende wichtig. Seine kleine Anekdote dazu: «Studien haben ergeben, dass bei Sportler/innen Schlaf unter 8 Stunden über eine längere Phase zu 1,7 mal mehr Sportverletzungen führt.» Wolle man sich und seinem Körper Gutes tun, dann gehöre die Beachtung der eigenen biologischen Uhr – Stichwort «Chronobiologie» – ebenso zum Training wie die Ernährung. Die Kombination von allem sei «das Mosaik zum Erfolg.» Zum Abschluss gab Patrik Noak allen Teilnehmenden die folgende Empfehlungsliste für erfolgreiches Trainieren mit auf den Heimweg:
+ Realistisches Ziel setzen
+ Anforderungen analysieren (Sportart, Umfeld, etc.)
+ Trainingsplan erstellen und monitorisieren
+ Genügend Zeit für Grundlagentraining und Kraft einbauen
+ Regeneration auch planen
+ Auf genügend Schlaf achten
+ Auf gesunde Grundlagenernährung achten
Das Handout zum Vortrag wird auf Anfrage ausgehändigt.
Bericht und Bilder: Thomas Borowski