Das ist ...

18. Juli 2022

Fechten 

Okay, wir alle wissen, was Fechten ist:

Die drei Musketiere tun es bei jeder Gelegenheit. Auch für Piraten und Seeräuberinnen gehört der Kampf mit Säbel und Degen zu den Kernkompetenzen, beim Entern etwa. Ausserdem ist Fechten olympisch, wie Segeln, Rad, Tennis, Pistolenschiessen und Reiten. Es wird rund um die Welt mit viel Spirit betrieben und mutet deshalb etwas britisch an. Der letzte Schweizer Olympiasieger hiess Marcel Fischer (2004 in Athen war das). Fischer (*1978) ist heute Orthopäde und lebt in Scherzingen, ohne Witz. Soweit so simpel und fancy. Aber was kann unsereins im «Summer Special Crash Kurs» des ASVZ übers Fechten lernen, das nicht im Internet steht?

Nun, eine ganze Menge. First of all: Fechten ist Fun. Zweitens: Ja, es ist ein Kampfsport und drittens: Verletzungen gab es nur eine kleine, ein vertrampter Fuss beim Schreibenden, mitten im Gefecht am zweiten Trainingsabend. Was aber rasch verheilte.

Drei mal drei
Zum Menü: An drei Tagen und an drei Trainings mit den drei Trainingsleitern Chris, Nick und Adam lernten wir zuerst, dass es drei Arten von Säbeln gibt: Den Degen, das Florett – eine Übungswaffe - und den Säbel. Das dritte Ding, der Säbel, ist eine Hieb- und Stichwaffe, die von der Kavallerie herkommt. Sie ist aber nur fortgeschrittenen Rittern vorbehalten. Oder Piratinnen mit Erfahrung, weil auch die Regeln etwas komplizierter sind. (Es zählen zum Beispiel nur Treffer am Oberkörper).

Wir fechten im Crash Kurs aber nur mit dem Degen, der eine Duellwaffe ist. Vielleicht trägt man deshalb auch den einen Fehde-Handschuh. Mit David vom FC Basel hat die Waffe aber nichts zu tun, obwohl es auch in Basel exzellente Sportfechterinnen und -fechter gibt. Der Degen hat den schlagenden Vorteil, dass die Regeln einfach sind:
Treffer zählen am ganzen Körper; wer zuerst trifft, bekommt einen Punkt; und wer zuerst fünf Punkte hat, gewinnt den Kampf. Alles klar?

«En Garde!»

Die Kurssprache ist zwar Deutsch und Englisch, Chris und Nick parlieren und changieren fliessend. Die eigentliche Fechtsprache, quasi die Lingua Franca des Sports, ist aber Französisch. Eh oui, on parle de «L’Escrime», deshalb hört man in der Kleinsportturnhalle ab und an ein «En Garde!».
In unserer Sommerkursgruppe hat es, von 17 Fechtenden, nur zwei Linkshänder, Melinda und Dario. Trainingsleiter Nick ist ebenfalls Linkshänder. Denn er machte natürlich beim Abschlussturnier auch mit, im dritten Training. Ausser Konkurrenz zwar, aber beneidenswert dominant. Und trotzdem pädagogisch einwandfrei! En bref: Mit links halt.    

Beinarbeit und Ausfälle

Zum Warmup gibt’s Beinarbeit. Wie beim Tango, im Chi Gong oder beim Capoeira sind die Grundschritte zu üben: Vorwärts, eins, zwei. Rückwärts, eins zwei. Immer auf die Distanz achten. Und wo ist der Gegner? Das Lustigste und Schwierigste schon beim Aufwärmen: Der Ausfallschritt! (englisch lunge, nicht zu verwechseln mit einem lunch, obwohl es fast gleich tönt). Am besten übt man Ausfälle beim Sitzball, wo jeder, wenn er getroffen wird, fünf Lunges machen muss. Dann hat man schön warm, schwitzt sogar und spürt die Muskeln. Wichtig ist, bei der Beinarbeit nicht Ballett zu tanzen, sondern die Schultern stets locker zu lassen und auf einer stabilen Linie in Balance zu bleiben. Einfacher gesagt als getan, aber wahr: Kompliziertere Schritte wie die Kreuzschritte kommen erst später, im Herbst, wenn der Einführungskurs beginnt (Link: https://asvz.ch/sport/45651-fechten).

Material und Maske fassen

Nun gilt es aber ernst. Die Materialkunde wurde von Chris zweisprachig geleitet, damit auch die ausländischen Studierenden mittun können. Im Übrigen kriegen alle die gleiche Ausrüstung, passend zur Körpergrösse. Wir fassen das Mietmaterial, das wir sogleich anziehen, in der richtigen Reihenfolge, of course: Eine Unterziehweste zuerst, dann eine Hose (weiss, mit Gesässtasche links, für das Kabel) und eine dicke Jacke mit Klettverschluss um den Hals. Dann eben den Handschuh, das Kabel (rot oder blau) sowie eine Maske. Im Internet findet sich eine gäbige Packliste für einen Turniersack (Link: http://fechten-afz.ch/diverses/). Erstaunlich, was da alles mit muss!

Da die Maske erst ganz zum Schluss aufgesetzt wird, ist das weisse Fechttenü nun komplett. Das hat den Effekt, dass nun alle gleich aussehen, auf den ersten Blick: Blendend weiss. Erst auf den zweiten Blick werden die körperlichen Unterschiede augenfällig und der Mangel an Grazie bei den meisten von uns Anfängern. Die Frauen tragen übrigens, im Gegensatz zu den Männern, einen Brustschutz. Männer kriegen dafür einen Tiefschutz, was nicht weiter von Belang ist. Auf unserem Niveau können wir uns auch dies sparen. Wir kriegen alles Material zur Leihe, gewaschen werden kann es mit 60° C. Weisswäsche.

Das A und O ist die Haltung

Im Crashkurs waren wir zudem verkabelt und wir durften untereinander (elektrisch) ein richtiges Turnier ausfechten. Vor jedem Kampf grüssen sich die Gegner, die sich auf der 14 m langen Planche gegenüberstehen. Unmaskiert richten sie ihren Säbel zum Gruss auf. Excusez, den Degen natürlich, nicht den Säbel. Danach folgt beim elektrischen Fechten der Glockentest: Da die Glocke geerdet ist, sollte sie keinen Treffer anzeigen.
Und jetzt geht’s endlich los: «Êtes-vous prêts?» «Oui! » «Allez!» Alles andere ist Haltung, hieben und stechen, aber mit Gefühl.
Im Kurs haben wir, nebst der Beinarbeit, etwa drei Moves gelernt:
Den geraden Stoss, eine einfache Parade und eine Täuschung. Parieren geht über Studieren. Der Rest ist eben dann für jeden individuell zu verkraften. Denn auf der Planche, Teamspirit hin oder her, steht jeder und jede alleine da, um etwas auszufechten. Dazu gehört auch, in der Niederlage Haltung zu bewahren. Tröstlich ist, dass es nach jedem Punkt sowieso von vorne losgeht, wie beim Tennis oder im Basketball. Wenn das Duell vorbei ist, ziehen wir die Maske ab und grüssen uns erneut mit dem Degen. Der Handshake mit der linken Hand gehört dazu, weil die rechte ja noch die Waffe hält.

Fazit

Ach ja, die Resultate: Dario hat unser Turnier haushoch gewonnen. Die Score-Tafel spricht für sich, fast ausnahmslos steht ein V für Victory oder römisch Fünf in seiner Zeile. Rang zwei ging an Flurin und die beste Frau, Franziska, focht sich auf den Bronzeplatz. Der Schreibende landete schön mittig auf Platz 8 von 17, was ihn leicht zerknirscht den Degen an den Nagel hängen liess. Aber nicht für immer! Denn im Herbst geht es ja wieder los. Und es werden die Klingen gekreuzt, wie immer mittwochs, im Sport Center Irchel: «En Garde!»

Claudio Zemp

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