Carboloading

18. November 2024

«Hot Topic» der Swiss Sports Nutrition Society (SSNS) - Kompakte Infos zu aktuellen Fragen der Sporternährung

Autoren: Dr. Samuel Mettler, Dr. Paolo Colombani

Das Carboloading bezweckt die Maximierung der Kohlenhydratspeicher im Körper für längere Belastungen. Durch eine erhöhte Zufuhr an Kohlenhydraten vor der Belastung steht dann während der Belastung mehr Energie zur Verfügung.

Was ist Carboloading?
Unter Carboloading versteht man das «Aufladen der Muskulatur mit Kohlenhydraten». Hierzu gibt es viel wissenschaftliche Literatur, die kürzlich detailliert zusammengefasst wurde. Für dieses Hot Topic wurden die praxisrelevanten Aspekte aus dieser Zusammenfassung aufgearbeitet. 

Carboloading beinhaltet Anpassungen beim Training und in der Ernährung, um vor (Ausdauer-)Wettkämpfen eine maximale Speicherung von Kohlenhydraten in der Muskulatur zu erreichen (Muskelglykogenspeicher). Die Technik wurde in den späten 1960er in Schweden entwickelt und beinhaltete typischerweise eine 3-4 Tage dauernde «Entleerungsphase» des Muskelglykogens und eine ebenfalls 3-4 Tage dauernde «Ladephase». Die weitere Forschung erlaubte es aber, die Methode zu vereinfachen.

Wie viel Muskelglykogen haben wir?
Ein Mann mit einem durchschnittlichen Gewicht von 75 kg hat etwa 30 kg Muskeln, gut 17 kg davon in den Beinen. Bei einer Frau von 60 kg sind es insgesamt 18 kg mit etwa 10 kg in den Beinen. Bei einer üblichen Ernährung enthalten die Muskeln gut 20 g Glykogen pro kg Muskel. Dies ergibt beim 75 kg Mann gut 340 g Glykogen in den Beinen (20 g x 17 kg Muskel). Bei der 60 kg Frau sind es in den Beinen etwa 190 g Muskelglykogen. Die effektiven Gehalte können aber enorm in Abhängigkeit vom Kohlenhydratgehalt und der körperlichen Aktivität schwanken. Durch Carboloading können die Muskelglykogenspeicher im besten Fall etwa verdoppelt werden. Es ist zudem wichtig zu beachten, dass jedes Gramm Glykogen in den Muskeln mit rund 3 g Wasser gespeichert wird. Bei der Entleerung des Glykogens geht auch dieses sogenannte assoziierte Wasser verloren und so ein nennenswerter Gewichtsverlust erfolgen.

Verbessert Carboloading die Leistung?
Ja, aber nur wenn während der sportlichen Belastung das Muskelglykogen stark aufgebraucht wird (d.h. ab rund eineinhalb Stunden Dauer). Da die Glykogenspeicher beim Carboloading auf einen höheren Wert als üblich aufgefüllt werden, spricht man auch von einer Superkompensation. Mit diesem zusätzlichen Glykogen in den Muskeln können Ausdauerleistungen verbessert werden, indem die optimale Leistung entweder länger aufrechterhalten werden kann oder eine vorgegebene Wettkampfdistanz schneller absolviert werden kann.

Für wen ist Carboloading interessant?
Bei Ausdauerwettkämpfen ab einer Dauer von etwa 90 Minuten kann von einem Carboloading eine Verbesserung der Leistung erwarten. Typischerweise sind das Sportarten wie Radfahren, Langstreckenläufe, Triathlon, Langlauf oder Lang­distanzschwimmen. Bei kürzeren Wettkampfzeiten ist ein Vorteil unwahrscheinlich, weil die normalen Kohlenhydratreserven des Körpers ausreichend sind. 

In Teamsportarten, in denen teilweise alle 2-3 Tage ein Spiel stattfindet, ist ein Carboloading im eigentlichen Sinne schwierig durchführbar. Trotzdem ist auch hier eine kohlenhydratreiche Ernährung gemäss den Ernährungsstrategien des Carboloadings von Nutzen, um die Glykogenspeicher immer wieder so weit wie möglich aufzufüllen. Maximale Speicherwerte werden jedoch möglicherweise nicht erreicht, da fortwährend trainiert wird und Wettkampfbelastungen stattfinden. Zudem brauchen durch Sprints, Sprünge, Drehungen, Abbremsungen und Körperkontakte stark beanspruchte Muskeln mehr Zeit, um die Glykogenspeicher zu füllen.

Wie wurde Carboloading ursprünglich durchgeführt?
Das klassische Carboloading, auch Schwedendiät genannt, beinhaltete zuerst eine Entleerungsphase der Glykogenspeicher. Diese dauerte 3-4 Tage mit (mindestens) zwei harten Trainings und einer kohlenhydratarmen Ernährung. Damals glaubte man, dass diese Entleerungsphase notwendig sei, um anschliessend den Aufbau der Glykogenspeicher maximal erfolgen zu lassen. Auf die Ent­leerungsphase folgte eine ebenfalls 3-4 Tage dauernde Ladephase, während der nicht trainiert und eine kohlenhydratreichen Ernährung befolgt wurde. Mit dieser Strategie konnten die üblichen Glykogenspeicher in etwa verdoppelt werden. 

Wie sieht Carboloading heute aus?
Weiterführende Forschung hat gezeigt, dass die Entleerungsphase gar nicht nötig ist. Eine deutliche Reduktion des Trainings während 2-4 Tagen bei gleichzeitigem Befolgen einer sehr kohlenhydratreichen Ernährung (10-12 g Kohlenhydrate pro kg Körpermasse pro Tag) ist ausreichend, um die Muskelglykogenspeicher maximal aufzufüllen. Bereits normal gefüllte Speicher vorausgesetzt, kann das Muskelglykogen sogar innerhalb eines Ladetages auf maximale Werte aufgefüllt werden. 

Wie sieht ein Carboloading-Beispiel aus?
Das folgende Beispiel ist für das Carboloading eines 70 kg schweren Sportlers berechnet. Dieser Ernährungsplan liefert ~15'500 bis 18’000 kJ (=3700-4300 kcal), ~700 g Kohlenhydrate (also ~10 g pro kg Körpergewicht), ~135 g Protein und ~90 g Fett. Das bedeutet in Energieprozenten: 67 % Kohlenhydrate, 14 % Eiweiss und 19 % Fett:

Frühstück       
3 Schalen faserarme Frühstückscerealien mit 1½ Tassen fettreduzierter Milch
1 Banane
2.5 dl Orangensaft

Snack              
Toastbrot mit Honig
5 dl Sportgetränk

Mittagessen   
2 grosse Sandwichs (4 Scheiben Brot) mit verschiedenen Füllungen
200 g Becher fettarmes Fruchtjoghurt
4 dl Süssgetränk oder Fruchtsaft

Snack               
Fruchteis mit Banane und Honig
Getreideriegel

Abendessen    
2 Teller Pasta mit Sauce
3 Scheiben Knoblauchbrot
2 Gläser Regenerationsgetränk

Spätsnack       
Toastbrot mit Schinken
5 dl Sportgetränk

Allgemeine Merkmale eines Carboloadings sind:

  • Zielmenge Kohlenhydrate: 10-12 g pro kg Körpergewicht. Bei 70 kg gilt es somit ca. 700-740 g Kohlenhydrate einzunehmen.
  • Mehrere Zwischenmahlzeiten einbauen. Es ist nicht möglich, nur in drei Hauptmahlzeiten genügend Kohlenhydrate einzunehmen.
  • Kohlenhydrate auch in flüssiger Form einnehmen (Fruchtsäfte, Sportgetränk, Süssgetränke, Regenerationsshake, Carboloader, usw.). Es ist relativ schwierig alles in Form von Pasta zu essen.
  • Fett- und proteinarm essen. Für ein Carboloading müssen viele Kohlenhydrate gegessen werden. Wenn auch noch viel Fett und Protein dazu kommen, wird es zu viel. Butter, Käse, Fette, Öle, aber auch Fleisch, Eier, Fisch, usw. nur sparsam als kleine Beilagen verwenden. Möglichst fettarme Saucen einsetzen.
  • Individuelle Verträglichkeit berücksichtigen. Nur Lebensmittel essen, die man kennt und gut verträgt. Keine Experimente vor einem wichtigen Wettkampf!

Wer nicht ein spezielles Carboloading-Menü zusammenstellen will, kann auch «einfach» die übliche (kohlenhydratreiche) Ernährung mit einem Carboloader ergänzen:

  • Übliche kohlenhydratreiche Ernährung "ca. 5-7 g Kohlenhydrate pro kg Körpergewicht 
  • Zusätzlich ca. 3-5 g Kohlenhydrate / kg mit Carboloader "ca. 210-350 g Kohlenhydrate bei 70 kg Körpergewicht

Was ist ein «Carboloader»?
Als Carboloader wird ein spezielles Getränk mit einem sehr hohen Gehalt an Kohlenhydraten genannt (in etwa die drei- bis vierfache Menge wie ein übliches Sportgetränk). Es enthält hauptsächlich Maltodextrin und insgesamt ca. 200-250 g Kohlenhydrate pro Liter. Neben käuflichen Produkten kann man einen Carboloader auch einfach selbst herstellen, in dem man ein normales Sportgetränk (60-80 g Kohlenhydrate pro Liter) mit ca. 180 g Maltodextrin ergänzt. Maltodextrin ist in Apotheken, Drogerien oder bei Anbietern von Sportnahrungsmitteln erhältlich.

Die benötigte Getränkemenge verteilt man am besten über den ganzen Tag. Als Beispiel: Bei einem Carboloader mit 250 g pro Liter sind 350 g Kohlenhydrate in 350/250=1.4 Liter Carboloader enthalten. Diesen kann man auf mehrere Portionen verteilt jeweils nach den Haupt- und Zwischenmahlzeiten (je ca. 2-4 dl) trinken.

Hinweis: Beim Carboloader ist die Kohlenhydratmenge so gross, dass es darauf ankommt, wie man den Loader mischt: Füllt man zuerst 250 g Maltodextrin-Pulver in ein Gefäss und anschliessend Wasser bis zur 1 Liter-Marke auf, so enthält dann 1 Liter Getränk auch 250 g Kohlenhydrate. Wird aber zuerst 1 Liter Wasser eingefüllt und danach 250 g Pulver zugegeben, so erhöht sich das Volumen auf über 1.2 Liter. 1.0 Liter von diesem Getränk enthalten dann «nur» ca. 200 g Kohlenhydrate pro Liter. 

Was sind die häufigsten Fehler, die beim Carboloading gemacht werden?
Manche Sportler erreichen das Ziel des Carboloadings nicht vollständig. Folgendes sind die häufigsten Fehler.

  • Carboloading bedingt eine Trainingsreduktion. Manche Sportler haben Mühe, sich kurz vor dem Wettkampf zurückzuhalten. Das Carboloading funktioniert aber nur an einem Ruhetag oder mit wenig intensivem Training.
  • Viele Sportler schaffen es nicht, genügend Kohlenhydrate zu essen. Es scheint, dass Athleten nicht immer verstehen, wie viel Kohlenhydrate wirklich für ein Carboloading benötigt werden. Eine Zusammenarbeit mit einer Fachperson in Sporternährung oder das Aufstellen eines «Kohlenhydratplans» kann hilfreich sein. Ein Pasta-Essen am Abend vor dem Wettkampf ist zwar gut, aber höchstens ein Teil eines Carboloadings.
  • Zu viele Ballaststoffe. Um eine ausreichende Menge Kohlenhydrate essen zu können, muss man möglichst auf Ballaststoffe verzichten, dafür aber diverse Lebensmittel essen mit vielen Kohlenhydraten wie Weissbrot, weisser Reis, Zucker, Aufbaugetränke, Limonaden, Sportgetränke, Konfitüre, Honig, usw. Wer zu viele ballaststoffreiche Nahrungsmittel isst (Vollkornprodukte, Früchte, Gemüse), riskiert eine Magenverstimmung und kann die grosse Nahrungsmenge überhaupt nicht bewältigen. 
  • Anstatt Wasser, sollten gesüsste Getränke, Sportgetränke, Fruchtsäfte oder Carboloader getrunken werden. Es ist fast nicht möglich, genügend Kohlenhydrate in fester Form (z.B. Pasta) zu essen.
  • Angst vor Gewichtszunahme. Ein Carboloading führt in der Tat zu einer Gewichtszunahme von rund 1 bis 2 kg. Dieses Zusatzgewicht ist aber nur vorübergehend und besteht aus dem zusätzlichen Glykogen und Wasser, das in die Muskulatur (ans Glykogen) eingelagert wird. Nach der sportlichen Leistung ist das zusätzliche Gewicht wieder weg.

Sportler verwenden Carboloading gelegentlich als Ausrede, um alles zu essen, was ihnen in die Hände gerät. Wer zu viele fettreiche Produkte isst, hat Mühe genügend Kohlenhydrate zu essen. Es könnte auch eine Körperfettzunahme resultieren. Bei einem Carboloading ist es wichtig, kohlenhydratreich aber gleichzeitig fettarm zu essen (und zu trinken).

Autoren:             Dr. Samuel Mettler, Dr. Paolo Colombani
Datum:                Dezember 2020, Version 2.4
Gültigkeit:          Dezember 2023

Zum Original-Artikel

Carboloading auf ssns.ch

Literatur

  • Murray B, Rosenbloom C. Fundamentals of glycogen metabolism for coaches and athletes. Nutr.Rev. 2018; 76:243–59.
  • Valentin J. Basic anatomical and physiological data for use in radiological protection: reference values: ICRP Publication 89. Annals of the ICRP. 2002; 32:1–277.
  • Krustrup P, Ørtenblad N, Nielsen J, Nybo L, Gunnarsson T, Iaia F et al. Maximal voluntary contraction force, SR function and glycogen resynthesis during the first 72-áh after a high-level competitive soccer game. Eur.J.Appl.Physiol. 2011; 111:2987–95.