Das ist ...

11. April 2023

Meditation

Gemütlich in Jogginghosen und die Kapuze liegt locker auf den Schultern: die Voraussetzungen sind keine Hexerei. Du sagst Ja zu Handtuch, denn das ist im gesamten Angebot Pflicht, und trägst Socken, denn barfuss – bitte nicht.

Beim Eintreten in den CAB-Raum merke ich sofort: hier wird meditiert. Hier lenkt einen nichts ab, denn… es gibt auch nichts, jedenfalls fast nichts. Ein Blinzeln nur, da habe ich die gesamte Ausstattung bereits erfasst: Ein Hauch von Yogamatte klebt am Boden. Darauf ruht ein einfacher Schaumstoffkubus. Auf ihm werden wir bald sitzen und hier endet die Liste des Rauminventars auch bereits. Freilich, ein hübscher Parkett-Boden breitet sich unter mir aus und umzingelt werde ich von zwei Mauern einer Spiegelwand und zur Auflockerung noch von einer Fensterfront. An dieser steht der Meditationstrainer Béla Pete exakt um 11:00 und zieht die blass-weissen Vorhänge zu. Und wie, um die Woche zu verabschieden – Freitag ist's –, erinnert der matte Tanz der Sonnenstrahlen auf dem Parkett an ein Adieu-Winken.

Vergeblich versucht meine Nase Eukalyptus-Duftwolken zu erschnuppern. Geduldig warten meine Ohren auf den ersten Tongue-Trommelschlag – auch nichts. «Meditation macht man an einem ruhigen, trockenen Ort», beantwortet Béla laut meine unausgesprochenen Gedanken. Und irgendwie bleibt das Wort 'trocken' noch für eine Weile an meinem Hippocampus hängen. Ich habe tatsächlich, wenn ich's mir so recht überlege, noch keinen in tiefster Meditation versunken erlebt, währenddem es um ihn herum donnerte, regnete, blitzte.

Es gesellt sich noch ein Livestream-Headset zur Ausstattung. Dann räuspert sich Béla: "Ich habe da so einen Timer». Und dies war die allerallerletzte Requisite. «Eine Stoppuhr… sehr sportlich», finde ich. Das Spektakel konnte also beginnen und just wogten die Vorhänge theaterähnlich, als wollten sie dies bestätigen.

Etymologisch wurzelt das, was wir hier machen, im lateinischen 'meditatio'. Die Römer taten nachdenken, nachsinnen, wollten eine Mitte finden. Auch die Griechen vor ihnen übten dies schon bei 'medomai' aus. Béla meint einerseits ganz im sprachgeschichtlichen Sinne: «Jeder Gedanke, der aufkommt, wird akzeptiert. Aber», und da schlägt er eine neue Richtung ein, «wir wollen uns auf die Atmung konzentrieren».

Meditieren ist ein Refrain. Ausgeschrieben etwa: einatmen, ausatmen, einatmen, das Gegenteil, das andere, das Gegenteil, einatmen, lange ausatmen, immer gleich und immer weiter als gäbe es keine Zeit, keinen Raum, keine Uni, ja nicht mal eine ASVZ-Meditationsstunde und schon gar nicht einen Timer.

Weisst du, wie schwierig das ist? 40 Minuten die Augen geschlossen zu halten? Und zwar weil Einschlafen keine Option ist. Ich schwanke, spüre förmlich, wie mein Körper sich dem Nickerchen hingeben will. Unfassbar. Mir wird schwindelig und ich kippe mehrmals hin und her. Aufstehen, Augen auf, Atmen. Dreimal muss ich aufstehen und nach der Meditation bin ich richtig erschöpft von dieser Energie, die ich gegen meinen eigenen Geist habe aufbringen müssen.

«Béla, wieso schlaft ihr nicht ein?" Ich habe eine ganze Frageliste abzuarbeiten und das ist Nummer eins. «Immer wenn du merkst, dass du einschläfst, kommst du einfach wieder zurück, ohne Groll, ohne zu urteilen», konzentriert spricht er eine Silbe nach der anderen. Gut möglich, dass ich verwirrt dreinblickte. War ich böse auf den Schlaf, der mich packen wollte? Eine ganz neue Betrachtungsweise ist das und Béla ergänzt meine Stirnfalten mit: «Ganz natürlich, dass es nicht so einfach ist».

«Béla, mir wurde auch schwindelig immer kurz vor dem Wegdösen.» Untertreibung der Woche. Es war eine Achterbahn oder nein, da waren keine Loopings: Es war Rodeln. Und es riss mich mal nach links, mal rechts in die Tiefe. Die Erklärung daraufhin fasziniert mich: «Unser Geist macht unseren Körper aus: Wo unsere Gedanken hingehen, da geht auch unser Körper hin.» Okay. Das nächste Mal werde ich jedenfalls eine Strichliste darüber führen, wie oft mich meine Gedanken nach links respektive nach rechts schicken. Wie aufregend!

«Die Vorteile im Alltag, Béla", leite ich endlich die essenzielle Frage ein, "welche sind das und wo, wann?» Und daraufhin zückt Béla sein Handy: «Ich muss das geschwind googeln». Was er mit 'das' meint, stellt sich als das Gelassenheitsgebet des Theologen Reinhold Niebuhr von 1940 heraus. Béla liest vor: «Gott, gibt mir die Gelassenheit, die Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, die Dinge zu ändern, die ich ändern kann und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.» Gelassenheit also ist das Ziel, der perfekte Zustand.

«Kein Perlenkettenzählen oder Reime rezitieren. Wir machen hier die einfachste Meditation», erklärt Béla das 'wo und wann' und repetiert dann, «Wir konzentrieren uns auf das Atmen.» Und die Augen seien zu, da ständig Bilder, Infos unseren Fokus strapazierten. «Alles landet irgendwo auf unserer Festplatte», und hierbei wirkt Béla beinahe wehmütig, «der Atem wird zum zentralen Fokuspunkt, weil das der erste und beste Zugang ist, der ganz natürlich, ohne unser Zutun, sich offeriert», formuliert Béla wie aus einem Lexikon. «Über den Atem gelangen wir zu den gewünschten mentalen tieferen Schichten des eigenen Bewusstseins».

Und wie weiter? Mit Fokus geht es ins nächste Yoga-Matten-Studio, mit mehr Konzentration in die nächste Lektion und mit Ruhe an die Prüfungen. Tendenziell weniger gelassen ist meine Sitzposition. «Wichtig ist vor allem, dass du die Wirbelsäule frei bewegen kannst», erhalte ich den medizinischen Hinweis. Und eine Stunde Meditationspause am Morgen sowie 30 Minuten abends lägen bei den Profis drin.

Meditieren geht überall – auf dem UZH-/ETH-Campus. Da gibt es Variante eins: «Freies Meditieren» im Relax CAB oder im Relax Hönggerberg. Oder Variante zwei «geleitetes Training» im CAB Move (teils mit Livestream) und Relax CAB.

Danke Béla und an alle ein herzliches «Namasté!», heisst: «Ich grüsse das Licht in dir» (und die matten Sonnenstrahlen des CAB).

Text: Kate Maier

 

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