Pro & Kontra: Punkte zählen im Freitzeitsport

27. Oktober 2021

Pro

Thomas Borowski betrachtet sich selbst nicht als «Pünktlischiisser», setzt im kollegialen Freizeitsport aus Motivations- und Fairnessgründen aber trotzdem gerne aufs Zählen.

Wetten, dass sich Kollege Zemp heute als Plauschsportler ohne Zähldrang outet? Ohne seine Kontra-Argumente zu kennen, bin ich sicher, er wird in seinem Argumentarium eine wichtige Tatsache ausser Acht lassen. Heute zählen nur die auf dem Bike zurückgelegten Distanzen auf Strava, die gerannten Kilometer bei Runkeeper, die Anzahl Schritte auf der Health-App oder die erledigten Burpees mit Freeletics. Wo man hinschaut, generieren wir Sport- und Fitnessdaten. Kalorien, Kilometer und Punkte werde gesammelt, analysiert, verglichen und für die Nachwelt in der Datencloud gesammelt. Wir leben in einer Datenwelt. Viele von uns lieben es, jede Sportbewegung aufzuzeichnen. Und das ist gut so!

Denn der heutige Ruhm von uns Freizeitsportlerinnen und Freizeitsportlern sind die Daten von gestern. Sie sind unser Leistungslohn und Motivation zugleich – vergleichbar mit den Punkten im Zählspiel. Nur wer zählt, strengt sich maximal an und versucht, richtig zu spielen. Denn das korrekte Zählen trägt aus Erfahrung ebenfalls zum fairen Befolgen von (Spiel-) Regeln bei. Wer nicht zählt, legt die Regeln gerne nach eigenem Gutdünken aus. Bestes Beispiel dafür mein Kollege auf der Golfrunde: Vor Beginn verkündet er, dass wir nicht zählen, nur spielen. Und kaum gelingt ihm auf einer Bahn ein vermeintliches Traumresultat, wird dieses lauthals verkündet und nachgefragt, wie denn mein Resultat aussehe? Das nervt! Denn dass er beim ersten Abschlag drei Versuche benötigte, bis der Ball endlich spielbar landete, ist längst vergessen... man spielt ja nur eine «Plauschrunde».

Nochmal: Punkte zählen ist sowohl Ansporn als auch Fairness. Sei das im Individualsport mit den verschiedensten Apps und Trackern oder im Plauschmatsch auf dem Spielfeld. Nur wer seine Leistung zählt und messbar macht, sorgt gleichermassen für Vergleichbarkeit und Sportlichkeit.

 

Kontra

Claudio Zemp weiss nie, wie hoch der Punktestand ist und verpasst den einen oder anderen dicken Zähler. Ihm ist der Score so lang wie breit: Alles geschenkt.

Zählen ist sekundär. Ja, es gibt wichtige Punkte: jene entscheidenden, in letzter Minute zum Beispiel. Es gibt fantastische, wunderschön herausgespielte Tore, im Hockey wie im Volley oder Fussball. Die Ästhetik kennt kein objektives Mass, alle Punktearithmetik gerät ob so einem Kunststück durcheinander. Wenn sich der kleine Dicke wider alle Erwartungen gegen die gesamte Verteidigung durchsetzt und einen Treffer aus unmöglicher Lage erzielt. Ein solcher Punkt allein wiegt Hunderte von öden Allerweltspunkten auf: Ein Spiel ist gedreht, die Welt steht Kopf und staunt.

Mein Punkt ist also schlicht: Der Spielstand ist mir wurstegal. Natürlich setze ich voraus, dass alle fair spielen. Dazu gehört auch, dass man kämpft und gewinnen will, um jeden einzelnen Punkt fightet. Ja, das ist paradox. Aber es spielt wirklich keine Rolle, wieviel es steht. Ob es unentschieden ist, ob ein Spiel auf der Kippe steht, ob der Match einseitig ist oder von Anfang an gelaufen. Es kommt in jedem Fall nur auf den nächsten Punkt an. Das Ziel ist es, die Gegner zu linken, einen Weg zu finden, um zu scoren. Ob es das Ehrengoal ist oder ein Stängeli – komplett egal! Und nach jedem Punkt geht es von vorne los. Bei Null.

Okay, es gibt Ausnahmesituationen, wo es wirklich draufankommt. Wenn die Zeit zählt, zum Beispiel. Auch da hilft aber eine lockere Einstellung. Wer den Druck unverkrampft ignoriert und ihn ausblenden kann, gewinnt eher. Denn die Fahnenstange des «höher, weiter, schneller» ist ja endlos. Diese Quälerei ist unnötig. Meine Fitness-App sagt mir dann schon rechtzeitig, wenn ich einen Rekord geknackt habe. Und der Chip in der Startnummer registriert treu jede Bestleistung. Ich kann mich auf die Gefühle konzentrieren. Das ist alles, was für mich zählt.

Mmh. Weiss zufällig grad jemand, wieviel steht?

 

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