Pro & Kontra: Fitnessgadgets - brauch ich so was?

12. April 2021

Pro

Claudio Zemp, 46, hat jüngst in einem Anfall alle seine Ausreden begraben und ist ein neuer Mensch dank dem Gear, das er zulässt. Warum der plötzliche Wandel vom Zauderi zum Zauberi?  

Früher war ich Nostalgiker, skeptisch gegenüber Neuerungen, kritisch gegenüber Moden. Sparsam, vernünftig, zurückhaltend. Das ist jetzt vorbei, seit ich entschieden habe, die Segnungen der Moderne in Form von Gadgets, Gears und technischem Schischi freudig zu umarmen. Der Fortschritt ist da, um genutzt zu werden. Und als Early Adopter wende ich seither an, was auch immer für ein Scheiss gerade heiss ist. Ein Gummiband fürs Stretching? Fitbit für die Stats? Klaro!

Dank dem neuen Lebensgefühl – und den kleinen technischen Helferlein – lassen sich bereits Fortschritte feststellen. Resultate verbessern sich. Bestenlisten purzeln. Rekorde werden gebrochen. Kleine Erfolgserlebnisse. Aber man merkt eben erst, was so ein Tape an der richtigen Stelle auslöst, wenn man es ausprobiert. Auch ausserhalb der Gyms hat der Change of Mind Wirkung gezeigt. Dank dem Konzentrationsmodus, der mit dem letzten Softwareupdate kam, habe ich endlich Ruhe beim Arbeiten. Eine Lösung für ein Problem, das ich zuvor gar nicht kannte!

Früher hätte ich mich geärgert darüber, dass schon wieder eine unerwünschte Änderung kommt. Aber seit ich nachts anstehe, um das neueste Smartphone zuerst zu haben, merke ich, welche Features das Teil hat. Ich schäle nur noch mit dem goldenen Sparschäler und trage ein schickes Kopftuch mit einem Chip gegen Kopfweh. Bots helfen drum auch gegen Boboli. Für jeden Schmerz gibt es ein Zaubermittel, das ihn verschwinden lässt. Forschung lohnt sich!

Wieso? Beispiel Velofahren: Es gibt Gründe für Carbon, gegen Stahl: Es wiegt schlicht weniger am Berg. Zum Glück sind dem Kaufrausch Grenzen gesetzt. Materielle zum Beispiel. Neue Dinge sind teuer. Deshalb kann ich mir nicht alles leisten. Aber ich lerne dabei auch, Prioritäten zu setzen. Und auch fürs Budget gibt’s diese neue App. Kennsch?

 

Kontra

Thomas Borowski stellte beim kürzlichen Zügeln fest, dass diverse seiner Fitnessgadgets ein Estrich-Dasein fristen mussten – teils ungenutzt! Damit ist nun Schluss. «Back to basics» lautet sein neues Motto.

Ganz ehrlich, ich glaube fest daran, dass das auch etwas mit den Geschlechtern zu tun hat. Behaftet mich nicht drauf... aber während die Ladies stets im trendigsten Outfit zum Sport auftauchen und mich immer wieder zum Staunen bringen, müssen wir Gents dauernd mit den aktuellsten Gadgets auftrumpfen. Wenn Kollege A mit dem neusten Karbonbike vorfährt, dann dauert es garantiert nicht lange, bis Kollege B das noch bessere Teil unter dem Hintern hat. Hat Roger den frisch entwickelten Superschuh an den Füssen, wollen wir es ihm alle gleichtun - oder etwa nicht!?

Die Sportindustrie macht das schon ganz schlau. Da heisst die jüngste Werbebeilage in Magazinformat in der Sonntagspresse doch fängig Playground Magazine – und schon haben sie mich damit erwischt, die verflixten Werber. Ich lege das 80-seitige Magazin tatsächlich zur Seite und gönne mir in einer ruhigen Stunde die Lektüre. Dass der am Ende erwähnte Onlineshop 24/7 geöffnet ist, kommt mir sehr entgegen.

Doch halt! Waren da nicht eben diese Aha-Momente bei unserem kürzlich erfolgten Umzug? Bin ich da nicht  tatsächlich im Estrich auf die vor Monaten montierten TRX-Bänder gestossen, die immer noch fröhlich vom Balken bambelten und mir jungfräulich zuwinkten? Gleich daneben fläzten sich die vor ewiger Zeit bestellten Blackrolls im Regal. Ihr Nichtstun schien ihnen gut zu bekommen. Und die im Tchibo-Shop beim Vorbeigehen in den Einkaufskorb geworfenen Rubber-Fitnessbänder waren doch tatsächlich noch in der Originalverpackung spröde geworden!

Jetzt wieder die neusten Tools kaufen und den immerwährenden Fitness-Gadgets-Kreislauf von neuem beginnen? Nicht mit mir! Ich mach da nicht mehr mit. Von jetzt an heisst es bei mir: «Me in nature first!» Meine neuen Gadgets sind jetzt Bänkli, Bäume, Mauern und Co. Ich fahr jetzt auf Natural Approach, Streetworkout und Funktionelles Outdoortraining ab. Alles andere kann mir gestohlen bleiben. Und mit Tree-Hugging beim Waldbaden wird auch der drohende Shoppingentzug wettgemacht. Bestimmt!

 

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