Pro & Kontra: Essen vor dem Training?

12. April 2021

Pro

Claudio Zemp, Morgenmensch und Müeslifreund würde sich am Liebsten nur von Licht ernähren, wenn das ginge. Aber das wäre ungesund.

Es kommt natürlich schon drauf an, was ansteht. Wenn ich nur eine Partie Pingpong abgemacht habe, stehe ich später auf, als wenn ein Marathon auf dem Programm ist. Der Wecker richtet sich danach. Ebenso der Speiseplan. Aber ich brauche etwas im Magen. Wieso? Weil man dann erstens nicht so schnell in einen Hungerast hineinläuft, zweitens länger mag und drittens zufriedener ist. Fasten in Ehren. Doch die Linie ist nicht alles und Hungern auch nicht. Das ist meine Linie.

Als Schüler probierte ich eine Weile Aikido. Neben Rollen, Dehnen und Würfen war auch die Ernährung ein Thema. Sinnigerweise fand das Freifach über Mittag statt, wo man folglich verführt war, das Essen ausfallen zu lassen. Spart Zeit und Geld, nicht? Dieser Denkfehler sei der Jugend verziehen. Denn Training auf leerem Magen rächt sich.

Unser Coach Herr Zahno lächelte gütig wie ein Buddha. Nur dessen Bäuchlein hatte er nicht. Er war auch in fernöstlicher Philosophie beschlagen. Als wir ihn fragten, woher das dann komme: Zmorge wie ein König, Zmittag wie ein Bürger und Znacht wie ein Bettler? Das sei westlich, sagte er, mit dem Tonfall unsere Ignoranz milde tadelnd. In Asien seien manche froh, wenn man eine Schale Reis pro Tag hat. Er selber brauche nichts am Vormittag.  

Trotzig möchte ich ihm entgegnen, dass hier nicht Asien ist. Wir leben doch im Hier und Jetzt, nicht im fernen Osten. Also muss man doch etwas essen, bevor man etwas tut! Käse und Butter gibt gutes Sennenblut, singe ich. Sofern eine angemessene Pause zwischen Mahlzeit und Aktivität ist, sehe ich keinen Grund, auf mein geliebtes Müesli mit Kaffee zu verzichten, auch wenn – oder gerade wenn – danach Training geplant ist. Unter Einhaltung des Knigges natürlich, schön gesittet. Ich will ja nicht verhungern. Und in zehn Minuten gibt es Zmittag, ob mit oder ohne Sport danach, das sehen wir dann.

 

Kontra

Thomas Borowski weiss, wie unangenehm es sich anfühlt, wenn sich beim Training die Übelkeit breitmacht. Essen kurz vor dem Workout ist für ihn deshalb ein No-Go – und das hat auch mit der bevorstehenden Badisaison zu tun.  

Das Stehvermögen-Lauftraining war bereits weit fortgeschritten. Die letzte Einheit mit Pyramidenläufen über 300, 400, 500, 400 und 300 Meter stand bevor – und ich bereute es zutiefst. Warum nur, warum hatte ich vor dem Training der Versuchung nicht widerstanden, die fette Crèmeschnitte zu essen? Die Antwort: Ich wusste es damals nicht besser. Ich dachte mir, ein kleiner Zucker- und Energieschub kurz vor dem Training könne meiner Leistungsfähigkeit nicht schaden. Das Resultat lehrte mich ein für alle Mal eines Besseren. Die letzte Einheit wurde zur Tortur. Nach dem Zieleinlauf wollte mein Magen keinen Inhalt mehr für sich behalten. Schade um die Crèmeschnitte…

Ich bin heute froh darüber, mich noch gut an dieses zurückliegende Ereignis erinnern zu können. Denn auch wenn die Zeiten des Leistungssports für mich längst vorbei sind, komme ich heute als Hobbysportler trotzdem immer wieder in Versuchung, vor dem Jogging, der Bikerunde oder dem Tennismatch noch einen Riegel zu verspeisen. Die Werbung suggeriert einem ja oft, dass das gut sei. Man kann‘s damit zwar nicht besser, aber dafür länger. Von wegen!

Die erwähnte Belastung des Magens ist (m)ein Grund gegen das Essen vor dem Sport. Und ein zweiter, warum viele von uns heute so ausgiebig Sport treiben, ist doch das verhängnisvolle Zusammenspiel von zu viel Essen und zu wenig Bewegung. Oder? Wir setzen gerade während der Winterzeit – und natürlich auch Corona-bedingt –etwas Speck an. Um diesen loszuwerden, treibt man gerade in diesen Frühlingstagen wieder mehr Sport. Die nächste Badisaison steht schliesslich bald vor der Tür. Sport hilft da gerne mit, den Pölsterchen an den Kragen zu gehen. Aber sicher nicht, wenn der damit angekurbelte Verbrennungsmotor des Körpers auf den kurz zuvor verspeisten Snack als Energiequelle zugreift. Der passende Merksatz dazu: Kein Snack-Verzicht vor dem Sport, ist der Fettverbrennungs-Mord.

 

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